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Neo-Zen – lebendiger Buddhismus

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Liebe Freunde des Zen,

Frühling liegt in der Luft und die Pandemie ist immer noch überall präsent. Zu früh ist es noch für eine Rückkehr zur Normalität, aber sie scheint nicht mehr fern. Vielleicht nehmen wir ja etwas mit aus dieser ungewöhnlichen Zeit. Es könnte die Einsicht sein, dass nicht alles, was wir früher so getrieben und getan hatten, sinnvoll war - im privaten Bereich und auch im Felde der Gesellschaft.

Ich bin gespannt, ob alles wieder so wird, wie es vor zwei Jahren war. Schau'n mer mal!

Gassho

Detlef B. Fischer

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Hat auch Sinnloses einen Sinn?

Stellen wir uns vor, wir liegen am Meeresstrand. Unentwegt branden die Wellen ans Ufer. Wasser schiebt sich den Sand hinauf und weicht dann wieder zurück. Dann kommt auch schon die nächste Welle. So geht es Tag und Nacht. Hat dieses Schauspiel einen Sinn? Ist es für irgendetwas gut?

Dann sehen wir hinauf zum Himmel. Wolken ziehen vorbei. Majestätisch groß und berückend schön. Viele Wolken und zwischen ihnen azurblauer Himmel. Wo ziehen die Wolken hin? Haben sie ein Ziel?

Und am selben Abend setzen wir uns abends im Hotelzimmer auf unser Kissen und üben Zazen. Machen wir das, weil es uns sinnvoll erscheint? Wahrscheinlich nicht. Machen wir es aus Gewohnheit? Ja, das könnte sein.  Als wir anfingen, Zen-Meditation zu üben, da hatten wir noch allerhand damit vor: tiefe Erkenntnis gewinnen, vielleicht sogar eine blitzartige Erleuchtung erfahren, Weise werden vielleicht oder so zu werden wie unser großes spirituelles Vorbild. Auf jeden Fall aber innere Ruhe finden, ausgeglichener werden. Es ist vermutlich lange her, dass wir solche Ziele hatten und heute haben sie sich verflüchtigt. Sind einfach verschwunden.

Der Zen-Meister Kodo Sawaki sagt: „Welchen Sinn hat unser Leben eigentlich? Unser Leben hat keinen Sinn! Und durch Zazen kommst du jetzt endlich an den Punkt, an dem du verstehst, dass es gar nicht darum geht, ‚was es bringt‘ – einschließlich dieses Zazens selbst.“ An diesem Punkt beginnt erst das wirkliche Zazen, das absichtslose, sinnlose Zazen, das unserem sinnlosen Leben entspricht.

Detlef B. Fischer
Die Wühlmaus

Aber noch ein anderes Thema möchte ich anschneiden. Viele weichen diesem Thema aus, manche ignorieren es oder wenden sich verschämt ab, als ob es um Pornografie ginge. Ich spreche von der Niedertracht der Wühlmäuse! Die Wähler grüner Parteien werden jetzt rasch einwenden, dass Wühlmäuse schließlich auch Menschen sind. Kein vernunftbegabter Mensch würde dem ernsthaft widersprechen, aber das, was der Dichter Fred Endrikat über die Verschlagenheit der Wühlmäuse zu sagen hat, wiegt schwer:

Die Wühlmaus nagt an einer Wurzel
Das W hinfort, bis an die -urzel
Sie nagt dann an der hintern Stell
Auch von der -urzel noch das l.
Die Wühlmaus nagt und nagt, o weh,
auch von der -urze- noch das e.
Sie nagt die Wurzel klein und kurz,
bis aus der -urze- wird ein -urz-.
Die Wühlmaus ohne Rast und Ruh
Nagt von dem -urz- auch noch das u.
Der Rest ist schwer zu reimen jetzt,
es bleibt zurück nur noch ein -rz-.
Nun steht dies -rz- im Wald allein.
Die Wühlmäuse sind so gemein.

(Bild Sangha)
Gedanken dazu aus unserer Sangha

Eva-Maria: Als unsinnig bezeichnet man allgemein etwas, was keinen Sinn macht, töricht oder absurd erscheint. Bei längerem Nachdenken kann es aber auch bedeuten, dass es ohne erkennbaren Sinn ist oder ich mit meinem derzeitigen Wissen oder meiner Lebenserfahrung den Sinn noch nicht erkenne oder heute bewusst wahrnehme.

Auch sind wir in unserer heutigen Leistungsgesellschaft dazu angehalten, unsere Zeit sinnvoll auszufüllen, etwas zu produzieren oder tun, bei dem man sofortige Resultate sieht und unser Handeln messen kann. Wann nehmen wir uns die Zeit, etwas Unsinniges zu tun, was verrückt erscheint, auf den ersten Blick nicht produktiv ist und auch kein sichtbares Ergebnis zeigt?

Manchmal wünsche ich mir, wieder Kleinkind zu sein, das noch keinen Pflichten ausgesetzt ist, unbeschwert und sorgenfrei in den Tag lebt und sich an vielen kleinen Dingen erfreut und lauter unsinnige Sachen probiert. Hier hat doch jede noch so unsinnig erscheinende Handlung einen Sinn und ist wichtig für das Lernen und Erfahrungen sammeln, auch wenn wir den Sinn zum Zeitpunkt unseres Tuns noch nicht erkennen.

Vor einigen Jahren hatte ich die Möglichkeit, ein Feuerläufer-Seminar zu besuchen. Erst einmal eine ganz verrückte Idee, die scheinbar keinen Sinn ergibt. Warum sollte ich freiwillig über glühende Kohlen gehen? Zunächst erscheint so etwas völlig unsinnig, töricht, ja geradezu verrückt. Ich kann aber nur sagen: diese Erfahrung möchte ich nicht missen. Sie hat mich mal wieder geerdet, war ein Herunterkommen zu dem, was wirklich Substanz hat. Auf der Glut sind wir nur mit uns selbst allein, ganz bei uns wie beim Meditieren, spüren die eigene Kraft und Energie, vor uns der leuchtende Glutteppich, der knistert und uns seine Wärme entgegen strahlt … Die Überwindung, den ersten Schritt zu tun – ein unbeschreibliches Erlebnis! Ich habe gespürt, welche Kräfte aus tieferen Schichten hier am Werk sind, und bin dankbar für diese schöne Erfahrung. Heute nehme ich hin, dass etwas Unsinniges getan werden muss, denn alles hat einen Sinn … manchmal erkenne ich ihn im Augenblick noch nicht, sondern erst später.

Annette: Zeit ist heute ein hohes Gut, das viele bestmöglich nutzen wollen. Wir sind bestrebt, Dinge zu tun, die einen Nutzen haben, die uns oder der Gemeinschaft etwas bringen. Alles andere betrachten wir als verlorene Zeit. Welchen Nutzen, welchen Sinn hat das Verweilen, das Schauen, das Lauschen, das Betrachten der Natur?

Vielleicht liegt aber gerade darin der tiefere Sinn vermeintlich sinnloser Beschäftigungen: wir kommen wieder zur Besinnung.

Zazen-Termine im Dojo Aegidiistraße 61/62

Die Zazen-Zeiten im Zen-Dojo Münster sind:

Dienstags von 20:00 bis 21:15
Freitags von 17:00 bis 19:00
Sonntags von 11:00 bis 12:15

Michael Schulmann bietet darüber hinaus einen ausführlichen Einführungskurs an (4 x 120 min.), der zweimal im Jahr stattfindet. Infos darüber sind bei Michael direkt zu erfragen (m.schulmann@t-online.de).

Wer zum Kennenlernen lediglich eine kurze Einweisung in die Übung wünscht, kann mit Michael telefonisch einen zeitnahen Termin vereinbaren, der dann 45 Minuten vor der regulären Zeit starten würde (0251/5209206).

Achtung: Im Moment ist es Corona-bedingt noch notwendig, sich für die Teilnahme am Zazen anzumelden. Es dürfen nur 6 Personen am Zazen im Zen-Dojo teilnehmen, um die Abstandsregeln einzuhalten. Anmeldung per E-Mail an m.schulmann@t-online.de

Corona-Regeln im Dojo
  • Bitte kommt so rechtzeitig (das Dojo ist i. d. R. eine Viertelstunde vor Beginn geöffnet), dass wir unter Beachtung der Abstandsregeln einzeln das Dojo betreten können
  • Im Dojo wählt bitte einen Platz mit jeweils 1,50 m Abstand zum linken und rechten Nachbarn
  • Wir tragen durchgängig einen Mund-Nasenschutz
  • Wir verlassen das Dojo auch einzeln, um das übliche Gedränge im Vorraum zu vermeiden
  • Vorherige Anmeldung bei m.schulmann@t-online.de erforderlich (s. o.)
(Bild Zendo)
Medienempfehlung

Im Podcast „So geht sächsisch“ spricht Detlef mit dem Leipziger Journalisten Tobias Hülswitt über das Konzept Zukunft: Ist sie aus buddhistischer Sicht real oder bloße Illusion? Außerdem geht es um die Erneuerung des Buddhismus im Westen und Detlef schlägt eine neue Praxis vor: den Neo-Zen.

#KulturDigital: Podcast NEUSTART – Thema „Neo-Zen“: www.youtube.com/watch?v=dGV82_3XZwg

Letzten Monat ist ein neues Buch von Detlef erschienen: Ashtavakra-Gita – Die Lehre von der Nicht-Zweiheit. Detlef hatte diesen Text bereits vor zehn Jahren in einem Sammelband veröffentlicht. Nun wurde er als Einzeltext herausgegeben.

Die Ashtavakra-Gita ist eine Abhandlung in Dialogform über die Weisheiten des Vedanta und gilt als Standardwerk des Advaita-Vedanta. Diese Schule lehrt, dass die gesamte Erscheinungswelt sowie auch Gott und die Seele identisch sind.

Das Taschenbuch kann unter der ISBN 978-3-347-15513-8 im Buchhandel bestellt werden, z. B. hier: tredition.de/autoren/detlef-b-fischer-27278/ashtavakra-gita-paperback-142921

Buch "Ashtavakra-Gita"

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